Man liest sich heute abend - mit einem Auge auf dem Live-Ticker ( http://ticker4.sportwerk.net/darmstadt.htm )Hier treibt die Pflicht, da der Ehrgeiz
Darmstadt – Erzhausen: Nikola Jovanovic und Naser Selmanaj begegnen ihren Ex-Klubs – Uster zwei Spiele gesperrt
Warum ist der SV Erzhausen so erpicht darauf, dem SV Darmstadt 98 im Spitzenspiel der Fußball- Oberliga Hessen am heutigen Freitag (19.30 Uhr/Stadion am Böllenfalltor) ein Bein zu stellen? Die geographische Nähe – der Derbycharakter – ein Aspekt. Die sportliche Nähe – Darmstadt Erster, Erzhausen Vierter – ein anderer. Schon daraus und der Tatsache, ein halbes Jahr ungeschlagen zu sein, erwächst jener große Ehrgeiz, den die Erzhäuser an den Tag legen. Dies tun sie vielleicht gar mehr als andere Oberligisten.
Bei Mittelfeldspieler Naser Selmanaj kommt eine persönliche Motivation hinzu. Er ist Darmstädter („Aus dem Martinsviertel“), und da ginge ihm ein Sieg bei seinem ehemaligen Verein runter wie Öl. „Ich will später mal sagen können, Erzhausen hat beim Ligaprimus gewonnen, Dorf- schlägt Traditionsverein.“ C-, B- und A-Jugend spielte Selmanaj beim SV 98 (zeitweise mit dem heutigen Frankfurter Bundesliga-Torhüter Oka Nikolov), und er war Balljunge, als die Darmstädter (mit dem jungen Bruno Labbadia) im März 1987 im DFB-Pokal-Viertelfinale dem Hamburger SV mit 0:1 unterlagen.
Erinnerungen, die für besonderen Ansporn sorgen. Außerdem geht es Naser Selmanaj darum, die persönliche Erfolgsserie der vergangenen Wochen fortzuschreiben – sechs Spiele, sechs Siege, fünf Tore. Gedanken, dass der SV Erzhausen freilich lieber heute in Darmstadt als am 22. Mai beim Tabellenzweiten Hessen gewinnen möchte, weist der Fußballer zurück. „Wir werden fair bleiben. Wir wollen auch in Kassel gewinnen. Dann hätten wir es gegen beide Top-Vereine gepackt.“ Hier ist sich Selmanaj mit seinem Trainer einig. „Wir werden in beiden Spielen so auftreten, dass keiner von Wettbewerbsverzerrung sprechen kann“, beteuert Thomas Epp. Er bangt um den Einsatz des an Magen-Darm-Grippe erkrankten Günter Maier. Der erfahrene Mittelfeldspieler hat aber signalisiert, unbedingt dabei sein zu wollen. Epp bastelt noch an Überraschungen bei der Aufstellung, um „vor großer Kulisse die kleine Sensation schaffen“ zu können.
Die Darmstädter sind sich indessen im klaren, dass sie sich im Aufstiegskampf keine Blöße geben dürfen, dass ihnen allein Siege weiterhelfen. „Gewinnen, egal gegen wen, wann, wie und wo“, formuliert Trainer Bruno Labbadia die Vorgabe für die restlichen fünf Partien. Bei allem Druck, bei aller Anspannung – Erfolge sind und bleiben Pflicht. Abwehrkraft Timo Uster fehlt nach der roten Karte in Hünfeld, er wurde für zwei Pflichtspiele gesperrt.
Auch in Reihen der Gastgeber steht ein Mann, der früher für den Gegner spielte – Nikola Jovanovic. Für ihn war der SV Erzhausen knapp zwei Jahre sein Zuhause. „Mein erster Verein in Deutschland“, erinnert sich der 30 Jahre alte Serbe an seinen Einstieg im Februar 2000 beim damaligen Landesligisten. Dort machte er sich einen Namen, ehe er Anfang 2002 für ein halbes Jahr das Trikot des SV 98 trug und nach einer Regionalligasaison bei Eintracht Frankfurts Amateuren zu dieser Runde den Weg zurück ans Böllenfalltor fand. Wie sieht der torgefährliche Mittelfeldspieler (13 Treffer) die heutige Partie? „Ich kenne zwar noch viele bei Erzhausen, aber das interessiert mich am Freitag nicht. Selbst wenn mein Bruder in Erzhausen spielen würde“, beharrt Jovanovic. „Ich will einfach nur gewinnen.“
Ulrich Ramge
