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von Eckart Lukarsch » 24. Apr 2009, 17:51
Ich gebe zu, daß es mir schwerfällt zu diesem Themenkomplex etwas sinnvolles zu schreiben. Gefühl und Verstand streben nicht in die gleiche Richtung und zwingen mich dazu, mich ständig zu hinterfragen und mein eigenes Denken und Handeln immer wieder in Frage zu stellen.
Ich sehe durchaus eine mögliche Schuld, ja vielleicht sogar Vorsatz, aber ich sehe auch das gefährliche Instrument der Vorverurteilung und das scheinbar alles erlaubende Deckmäntelchen der Prävention.
Beide Seiten, Fans und Polizei, scheinen so unterschiedlich, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Und - sind letztendlich doch so gleich. Beide Gruppen bestehen zu einem Großteil aus "Normalos", einigen Opfern und einigen Tätern. Beide Gruppen versuchen der Komplexität ihrer Beziehungen leider mit Verallgemeinerungen und unerlaubter Vereinfachung Herr zu werden. "Fußballfans sind asozial und potenziell gewalttätig" auf der einen Seite ist keinen Deut besser oder wahrer als "Alle Bullen sind Verbrecher", das entsprechende Gedankengut der anderen Seite.
Beide Geisteshaltungen sind durchaus bequem, denn sie sehen kaum eine Einzelfallprüfung vor, die es immer und in jedem Fall auf beiden Seiten geben sollte.
Deeskalation muß mehr sein als eine griffige Worthülse und weit früher ansetzen als in der Situation, in der man geneigt ist nach ihr zu rufen. Herr Papenfuß muß in den Fanblock, muß sich vorstellen und sagen: "Hallo Jungs, ... mein Name ist Uwe Papenfuß, ich bin Polizeioberrat und der Einsatzleiter EURER Polizei. Wir sind für Euch da, solange ihr Euch an die Spielregeln haltet. Wir wollen zusammen ein tolles Fußballspiel sehen."
Die Beamten in Grün, die später im Fanblock stehen, haben sich schon lange vor Spielbeginn am Eingang des Fanblocks aufgestellt. Sie heben die Hand zum Gruß und lassen sich abklatschen von Fans, die das möchten. Hier wird signalisiert, daß wir alle miteinander wollen, und nicht gegeneinander.
Die Beamten im Block sind bekannt, die meisten selbst ausgewiesene KSV-Fans, denen auch in der ein oder anderen Situation 'mal ein kräftiger Jubelschrei entfährt.
Kennengelernt hat man sich im Laufe der Zeit und des öfteren wird ein freundliches Wort gewechselt. Diese Konstanz im Block hat sich bewährt, statt Drohgebärden ein freundliches miteinander. Und das Beste: Viele der Beamte bilden auch den Kern der Einsatzmannschaft in fremden Stadien und fahren mit zu den Auswärtsspielen. Seit sich diese Vorgehensweise durchgesetzt hat, kam es nicht mehr zur Eskalation. Sie schützen einige Fans vor sich selbst und man höre und staune, die ganze Gruppe durch ihre bloße Anwesenheit vor der Willkür anderer, fremder Einsatzkräfte. Ein Erfolg auf der ganzen Linie ...
Nennt es Sience Fiction, nennt mich einen Träumer oder einen Phantasten. Ihr habt natürlich Recht. Das obige Szenario ist utopisch, leider. Aber es steht immerhin für die einzige Überzeugung, die ich derzeit habe, die mir gesichert erscheint und die ich nicht sofort mit ein paar Argumenten entkräften kann:
Es geht nur miteinander! Fans und Polizei müssen sich aufeinander zu bewegen. Das Stadion und das Umfeld dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Das gilt für die Fans, aber auch für das Team-Green und den DFB. Keine endgültigen Strafen ohne Urteil. Wenn präventive Stadionverbote, dann mit einem zügigen Verfahren, in einem benannten Zeitrahmen und mit sofortiger Aufhebung bei Einstellung des Verfahrens oder bei Freispruch. Für Ersttäter und besonders Fans unter 18 Jahren, "Stadionverbot auf Bewährung", maximal ein Jahr, als letzten Warnschuß.
Nachdenkliche Grüße von Ecki
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Eckart Lukarsch am 24. Apr 2009, 17:59, insgesamt 1-mal geändert.