Stolz auf sein Vaterland sein zu können und stolz sein, einer bestimmten Nationalität anzugehören, sind aber immer noch zwei verschiedene Paar Schuhe.!)aniel hat geschrieben: ...
Was ich trotzdem nicht verstehe, ist, warum ich nicht stolz auf mein Vaterland sein kann. Nach der WM 2006 war ich auch stolz drauf, sagen zu können, ein Deutscher zu sein, weil wir die Nation waren, die eine schöne WM veranstaltet hat und die sich entgegen aller Vorurteile weltoffen und gastfreundlich gezeigt haben.
Das war eine Leistung des gesamten Landes, auch ich hab dazu beigetragen, indem ich in Baunatal auf dem Marktplatz mit Trikot und Fahne die Spiele verfolgt habe und die HNA somit schöne Bilder veröffentlichen konnte, die stellvertretend für dieses ganze Event stehen und von vielen Menschen betrachtet wurden.
Hinzu kommt die sportliche und die organisatorische Leistung, woran ebenfalls das ganze Land seinen Anteil hatte.
Da ich mich als Teil dieses Landes sehe, bin ich auch stolz auf die vollbrachte Leistung.
Du warst nach der WM irgendwie stolz auf Dein Land, weil es sich während der Turniers von einer hervorragenden Seite gezeigt hat. Das hat aber doch nichts damit zu tun, dass Du generell stolz darauf sein kannst, ein Deutscher zu sein. Denn dass Du ein Deutscher bist, dafür kannst Du ja nichts. Dafür hast Du nichts geleistet, Du bist einfach als ein solcher geboren (setze ich jetzt mal voraus). Du kannst glücklich darüber sein, dass Du ein Deutscher bist. Du kannst Dich von Herzen darüber freuen, dass Du das Glück hast, Deutscher zu sein. Aber Du kannst doch nicht stolz darauf sein. Merkst Du den Unterschied?
Was die "Leistung" betrifft, die Du erbracht hast, damit das Turnier gelingt, darüber kann man natürlich geteilter Meinung sein. Schließlich wirst Du nicht völlig uneigennützig in Baunatal auf dem Marktplatz mit Trikot und Fahne die Spiele verfolgt haben, nur damit das Turnier gelingt, oder? Wenn Du ganz ehrlich bist, dann war Dein einziger Beweggrund, dass Du Deinen Spaß haben wolltest. Dass darüber letztlich in der Presse positiv berichtet wurde, darüber hast Du Dich natürlich gefreut, aber Du konntest es ja auch nicht ahnen. Ansonsten müsstest Du Dich, wenn Du als KSV-Fan bei einem Spiel warst, wo es Randale gab und die Presse entsprechend schlecht darüber berichtet, ja schämen, ein KSV-Fan zu sein, nur weil Du (als einer von vielen) dabei warst. Aber da wirst Du sicherlich auch nicht sagen, dass alle, die dabei waren, zu diesem schlechten Gelingen beigetragen haben, so dass sich alle deswegen schämen müssten, oder?
Dass an der sportlichen und organisatorischen Leistung das ganze Land seinen Anteil hatte, stimmt ja nicht. An der sportlichen Leistung haben die Sportler samt Trainergespann sowie vielleicht noch die Fans, die im Stadion waren, ihren Anteil, und an der Organisation die Leute, die sie durchgeführt haben - also sicherlich nicht Du oder ich.
Ich für meinen Teil war ja bei Ukraine - Saudi Arabien, aber ich würde nie behaupten, stolz darauf zu sein, dass die Ukraine ja auch durch mich dieses Spiel gewonnen hat (weil ich mit Dynamo-Kiew-Trikot und Ukraine-Schal im Stadion war). Ich freue mich ganz einfach, dass ich dabei sein konnte, aber ich bin doch nicht stolz darauf. Ich hatte halt einfach Glück bei der Verlosung der Karten.
Stimmt, Du bist ein Teil des Landes, aber Du hast persönlich keine Leistung vollbracht.
Und selbst wenn Du bei einem deutschen Spiel im Stadion gewesen wärst (wovon ich mal nicht ausgehe) und hättest supportmäßig alles gegeben, dann könntest Du vielleicht stolz auf Dich sein, weil Du einen Teil zum Erfolg beigetragen hast. Damit wärst Du aber stolz auf Dich und nicht auf Deine Nationalität, denn für diese kannst Du - wie gesagt - nichts. Und in dem Moment, wo Du eine bestimmte Leistung erbringst, ist Deine Nationalität letztlich auch total egal, denn Du bist es ja, der die Leistung erbringt, nicht Deine Nationalität.
Zum Thema WM solltest Du zudem eines nicht vergessen: Es war ein unbeschreiblich großes Glück, dass Deutschland diese WM ausrichten durfte. Natürlich haben ein paar Leute auch was dafür geleistet, worauf sie persönlich stolz sein können. Nichtsdestotrotz ist es immer ein großes Glück, wenn man als Nation ein solches Turnier ausrichten darf, denn darüber bestimmen letztlich andere.
Und in jedem Land wird ein WM-Turnier gebührend zelebriert, erst recht wenn die eigene Mannschaft sehr weit kommt. Das ist ja schließlich keine Kunst; man feiert natürlich sein Team, das wäre in anderen Ländern bei gleichem Erfolg nicht anders gewesen. Stolz zu sein, ein Deutscher zu sein, weil man das gemacht hat, was das nahe liegende ist, wäre also auch hier völlig fehl am Platze.
Zusammengefasst: Ich bin nicht stolz, ein Deutscher zu sein, denn dafür kann ich nichts. Ich bin einfach froh, ein Deutscher zu sein bzw. froh darüber, hier aufgewachsen zu sein und hier leben zu können.