bergerjoerg hat geschrieben:Und an Gonzo gerichtet: Statistiken interessieren Dich nur dann, wenn sie Deine Meinung stützen. Spahns Aussage ist aber nicht mehrheitsfähig gewesen, wie Du sehr wohl weißt. Und erklärt bitte mal ganz ehrlich: Was ist an Pyrotechnik bloß so toll? Ich verstehe es wirklich nicht, also bitte ich um eine ehrliche Antwort.
Doppelt ehrliche Antwort:
Statistiken interessieren mich nur, wenn sie eine Aussagekraft haben. Und die ZIS-Statistiken sind (wie übrigens auch PISA, ist aber ein anderes Thema) alles, nur nicht valide - und dazu noch unbereinigt. Was sagt denn bitte eine Statistik über Fangewalt aus, wenn z.B. (wie bei Erfurt gegen Darmstadt) nach Ausschreitungen pauschal 55 Verletzte in der Statistik gezählt werden. Klingt erstmal übel nach Massenschlägerei. Wenn die Medien später berichteten, dass 53 dieser Geschädigten durch den Einsatz von Tränengas - ergo durch die Polizei - verletzt wurden (kein Witz, das Main-Echo berichtete darüber), dann hat diese Statistik keine Aussagekraft, außer vielleicht, dass die Polizeigewalt zunimmt. Die ZIS-Statistik hat keinerlei wissenschaftlichen Nutzen oder Anspruch, sondern dient nur der Untermalung eigener Interessen. Weiteres Indiz: Weißt Du, wieviele Verfahren gegen Fußballfans eingestellt werden bzw. gar nicht eröffnet? Es sind sehr viele, oftmals die Mehrzahl, kannst Du mir glauben - ich weiß es. Auch Freisprüche sind keine Seltenheit. Unterschieden wird in der Statistik aber nicht: Es gilt ausschließlich die Anzeige, sei sie rechtmäßig oder nicht. Wenn die dort ihre Hausaufgaben machen und mir eine bereinigte, valide Arbeit vorlegen, dann akzeptiere ich diese auch und akzeptiere zusätzlich, dass man sie zur Argumentation heranzieht. Übrigens: Es gibt auch Gründe, warum keine größere wissenschaftliche Arbeit über Fußballfans, die ich kenne, diese Statistiken als Maßstab heranzieht - außer, um die ZIS-Berichte zu zerpflücken.
Was an Pyrotechnik so toll ist? Keine Ahnung, ich zünde keine. Ich gebe allerdings zu: In einer gut gemachten Choreo wirkt Pyrotechnik schon spektakulär. Was ich möchte, ist ein legaler und vor allem verantwortungsbewusster Umgang damit. Ich kann sehen, dass es für viele Fans ein Ausdruck von Emotionen ist. Egal, was getan wird: Das Zündeln wird niemals aufhören und deshalb ist ein kontrollierter Umgang der klügere Schritt.
Vor den viel zitierten 20 Jahren (sogar ein paar mehr) wurde es von Kommentatoren als südländische Atmosphäre, als Gesamtkunstwerk, bejubelt (
Lautern - Barca), wenn die Dinger abgebrannt wurden. Erkläre Du mir, woher der Sinneswandel kommt, warum es derselbe Reporter in den 90ern "geil", heute als "Verbrechen" und beim Ski wiederum als "geil" bezeichnet? Du kannst mir auch erklären, wo das Problem mit Pyrotechnik ist, wenn sie nur in dafür vorgegebenen Zonen am äußersten Ende der Kurve kontrolliert abgebrannt wird. Und warum es wiederum kein Problem ist, wenn der DFB Pyro abbrennt (DFB Pokalfinale).
Solche Diskrepanzen sind unvermittelbar!
Ob Spahns Meinung mehrheitsfähig ist, oder nicht, sagt nichts darüber aus, ob sie richtig war, oder falsch. Die Aussage, dass zweiten Mannschaften eine eigene Liga bekommen sollten, statt in der 3. oder 4. Liga zu spielen und dafür nur 2 oder 3 Regionalligen zu unterhalten, ist bei der DFL auch nicht mehrheitsfähig. Ist sie deshalb auch falsch? Ich denke nicht, weil es um die Interessen der "Großen" geht, deren Interessenvertreter die DFL nun mal ist. Und Spahn ist den vernünftigen Weg gegangen, Fans mit einzubeziehen. Ergebnis war, dass man für die Zeit nicht gezündelt hat. Ergebnis des Nicht-Einbeziehens ist bekannt.
Ich kann Dir jedenfalls garantieren, dass es kein Problem ist, in Kassels Kurve mit der gesamten Familie aufzulaufen. Du und Deine Familie werden zu 100% sicher sein. Das war in den 80er und frühen 90ern viel schwieriger, weil es damals auch im Stadion Ausschreitungen gab (passiert heute so gut wie nie) und der Rassimus und Antisemitismus heute in den Kurven (vor dem ich meine Kinder auch beschützen würde) beinahe ausgestorben ist, damals aber völlig normal war. Zu behaupten, vor 20, 30 Jahren sei es besser gewesen, ist eine völlige Verklärung dieser Zeit. Es war zig mal heftiger.